Die Camperszene - eine Typologie

Die Zahl der verkauften und eingelösten Wohnmobile steigt rasant an. Auch ich bin an Wochenenden und in den Ferien regelmässig mit einem Campingbus unterwegs, in ganz Europa. Auf diesen Reisen habe ich meine «Artgenossen» studiert. Nicht wissenschaftlich natürlich, sondern höchst fragwürdig von meinen eigenen Vorstellungen geprägt. Trotzdem sei hiermit der Versuch einer Beschreibung der Spezies «Camperin und Camper» unternommen.

Campingbusse und Wohnmobile auf einem Stellplatz
Bild: Maurice Velati

Es gibt sie natürlich nicht, «die Camper» oder «die Wohnmobilistinnen». So wenig, wie es «die Schweizerin» oder sogar «den Afrikaner» gibt. Das ist ja wohl klar, hoffentlich… Und trotzdem haben wir – ob das nun hilfreich ist für das gesellschaftliche Zusammenleben, sei an dieser Stelle nicht näher diskutiert – das Bedürfnis nach «Schubladen», nach «Ordnung». Wir teilen uns selbst und uns gegenseitig gerne ein. Dieses Wagnis unternehme ich mit dem folgenden Text nun ebenfalls. Natürlich nicht völlig ernst gemeint, mit etwas Ironie und Sarkasmus garniert, und vor allem zu unterhaltenden Zwecken gedacht.

 

Der Text richtet sich einerseits an eingefleischte Mitglieder der Camping-Community (die sich darin dann entweder selbst erkennen oder sich über meine «Einteilung» ärgern) und an Menschen, die sich für das Phänomen interessieren, aber selbst (noch) keine Profis sind. Deshalb sind einige Begriffe (so hoffe ich) auch erklärt, wirkt der Text (ich hoffe nicht) vielleicht streckenweise etwas schulmeisterlich.

Die Systematik

Aber wie «typologisiert» man Camperinnen und Camper? Wir könnten sagen, es gibt die Familie der Camper (ich verwende in den folgenden Zeilen ausschliesslich die männliche Form, aus Gründen der Lesbarkeit, es bleibt eine Ausnahme). Darunter gibt es die Gattung der «Caravanisten», das sind die mit den Wohnanhängern. Daneben die Gattung der «Tentisten», die mit den Zelten. Und dann eben die Gattung der «Wohnmobilisten». Diese wiederum unterteilt sich in die Art der «Vanlifer», der «Vantourer», der «Luxusliner-Fahrer»… aber das funktioniert so leider alles nicht.

 

Denn – wie so oft bei Menschen, Tieren oder Pflanzen – hat die Evolution eine unglaubliche Vielfalt an Arten, Verhaltensweisen etc. hervorgebracht. Ich versuche mich deshalb an einer Systematik entlang dreier Kriterien: Das Fahrzeug, der Stellplatz, die Einrichtung. 

Das Fahrzeug bzw. die fahrende Wohnung

Natürlich gibt es rein technische Unterschiede zwischen den einzelnen Wohnmobilen. Da sind die Campervans oder Campingbusse, also ausgebaute Nutzfahrzeuge auf Basis von VW oder Fiat. Dann die sogenannt «teilintegrierten» Fahrzeuge mit Original-Führerkabine und einem Aufbau aus GFK-Kunststoff (häufig sogenannte «Alkoven-Modelle» mit einem Doppelbett über der Führerkabine) und die «Vollintegrierten», bei denen nur noch die Fahrzeugbasis aus einer Auto- bzw. Nutzfahrzeugfabrik stammen, die gesamte Karosserie aber aus dem sogenannten «Aufbau» bzw. der Wohneinheit besteht.

 

Viel spannender aber ist aus meiner Sicht die Unterscheidung nach anderen Merkmalen, allen voran natürlich der Grösse dieser Fahrzeuge. Die Breite ist in etwa vorgegeben – es zählen also in diesem Fall die Länge und die Höhe. Es beginnt ganz bescheiden bei ausgebauten Hochdach-Kombis, in denen eine einfache Schlafmöglichkeit im Bereich Kofferraum und Rückbank geschaffen wird. Für den Morgenkaffee muss aber bereits die Heckklappe geöffnet werden, das Leben findet quasi «outdoor» statt. Auf der anderen Seite der Skala stehen luxuriöse fahrbare Villen, häufig mit einem LKW-Fahrgestell als Basis, von 9 oder 12 oder noch mehr Metern Länge. 

Grosses Wohnmobil auf einem Campingplatz
In solchen Fahrzeugen sind häufig etwas ältere Lenker:innen unterwegs mit einem Hang zu häuslicher Einrichtung. (Bild: Maurice Velati)

Auffällig oft werden solche «Möbel» von eher älteren Ehepaaren genutzt, die offenbar entweder nicht auf einen gewissen Komfort verzichten können oder es sich halt einfach leisten wollen. Das Innenleben solcher Wohnungen auf Rädern kenne ich nur von entsprechenden Verkaufsmessen. Die grosszügigen Betten, das oft dunkel gehaltene Holzdekor, die aufwändig gestaltete Innenraumbeleuchtung und die speziellen Halterungen für Kristallgläser dürften die zum Teil aberwitzig hohen Preise für solche Geräte aber wohl rechtfertigen.

 

Es sind solche Fahrzeuge, die dann auf eher eng bemessenen Stellplätzen – vor allem wenn es sich dabei eigentlich um normale Parkplätze handelt, die von Wohnmobilisten einfach «annektiert» wurden – eher ein Verkehrshindernis darstellen. Die eingeschränkte Wendigkeit kann – gerade in Kombination mit der vorhin bereits erwähnten Tatsache, dass es sich öfter um eher ältere Fahrzeuglenker handelt – dann auch im Stadtverkehr durchaus zu abenteuerlichen Situationen führen. Aber vielleicht spricht da ja auch nur blanker Neid aus mir…

Diverse Wohnmobile und Camper, fotografiert von einer Brücke aus.
Dieser Stellplatz im Zentrum von Stockholm (Schweden) bietet Anschauungsunterricht in Sachen Camping-Szene. (Bild: Maurice Velati)

Eine Unterscheidung drängt sich auch nach dem Alter der Fahrzeuge auf. Neben den (inzwischen sehr vielen) mehr oder weniger fabrikneuen Modellen begegnen mir immer wieder auch echte Oldtimer. Da wurde das Wohnmobil mutmasslich von den Eltern geerbt oder mangels finanzieller Möglichkeiten für den Kauf eines neuen Modells als Occasion erstanden.

 

Solche Modelle wirken dann auf mich häufig etwas lieblos am Leben gehalten, während andere sich offensichtlich sehr bewusst für Reisen mit einem wertvollen Zeitzeugen aus vergangenen Jahrzehnten entscheiden und ihre VW-Busse aus den Achtzigern oder Fiat-Modelle aus den Neunzigern hegen und pflegen und auch gerne mit stark gedrosselter Geschwindigkeit (weil es angenehmer ist oder nicht anders geht, ich weiss es nicht) auf der Autobahn unfreiwillig zur Schau stellen… so dass sogar LKW-Fahrer zum Überholen ansetzen, was dann natürlich zu entsprechend genervten Verkehrsteilnehmenden im näheren Umfeld führen kann (schon wieder so eine freie Interpretation von meiner Seite, sorry…).

 

Last but not least unterscheiden sich die fahrenden Wohnungen natürlich auch durch ihre Individualität. Neben den inzwischen von unzähligen (übrigens meist zu grossen Holdings gehörenden) industriellen Herstellern bzw. «Marken» angebotenen Modellen «ab der Stange» gibt es natürlich auch die teilweise oder ganz in Eigenregie geplanten und/oder ausgebauten Fahrzeuge. Auch in diesem Lebensbereich ist «Do It Yourself» (oder «DIY», wie man ja heute sagt…) entweder aus Gründen der finanziellen Ressourcen oder des persönlichen Talents (im dümmsten Fall führt dann das fehlende Talent übrigens dazu, dass die finanziellen Aufwände für ein Modell ab Fabrik vielleicht doch tiefer sind…) enorm angesagt. Oder aber man kann es sich leisten, bei einem unabhängigen Autobauer/Möbelschreiner sich ein Fahrzeug nach den eigenen Vorstellungen konfektionieren zu lassen… 

Diverse Wohnmobile und Camper auf einem verregneten Stellplatz.
Ein Camper «Marke Eigenbau», dahinter ein liebevoll gepflegter Oldtimer. (Bild: Maurice Velati)

Völlig überspitzt und unzulässig verdichtet lässt sich also sagen: Die reichen Senioren rollen mit einem luxuriös ausgestatteten LKW über die Landstrassen und meiden besser alle möglichen herausfordernden Manövriersituationen. Die ehemalige Backpackerin verstaut ihre sieben Sachen in einem einfachen Hochdachkombi und findet so ihren Weg zurück zur Natur. Und das hippe #vanlife-Pärchen (beide arbeiten natürlich irgendwie im digitalen Bereich, sind total weltoffen und sehen sich deshalb als digitale Nomaden, auch wenn sie noch eine 3.5-Zimmer-Wohnung in der City haben) baut sich einen fancy Individualcamper – entweder selbst oder mit Hilfe des befreundeten Handwerkers. Irgendwo dazwischen fahren noch Familien mit zwei oder drei kleinen Kindern in heillos überladenen Alkoven-Modellen, erkennbar an den ebenfalls bis zum Anschlag gefüllten Fahrradträgern am Heck.

Der Schlaf- bzw. Stellplatz

Die Frage des richtigen Stellplatzes ist eher Religion als Wissenschaft in der Camperinnen- und Wohnmobilistenszene. Es gibt Verfechterinnen und Verfechter aller nachfolgend dargestellten Arten der Übernachtung, in unterschiedlicher Radikalität. Beim Lesen gewisser Foren oder Kommentarspalten im Netz erhält man tatsächlich den Eindruck einer Glaubensfrage, obwohl – das sei an dieser Stelle aus persönlicher Erfahrung heraus festgehalten – man die verschiedenen Arten von Stellplätzen durchaus auch kombinieren könnte auf einer Reise… wie so oft liegt die Wahrheit – falls es diese überhaupt gibt – dann wohl irgendwo in der Mitte. Aber los jetzt!

 

Die etwas verwöhnte und an Errungenschaften der westlichen Zivilisation gewohnte Menschennatur verbringt ihre Nächte (und Tage) auf einem Campingplatz und geniesst dort in der Regel (es gibt natürlich auch hier qualitative und quantitative Unterschiede) das Angebot von regelmässig gereinigten WC- und Duschanlagen, ständig verfügbarem Landstrom (also 230V-Spannung), nahe gelegener Ver- und Entsorgung von Trink- und Schmutzwasser, allenfalls sogar weitere Annehmlichkeiten wie Einkaufsladen, Restaurant, Spielplatz, Animationsprogramm, geheiztes Schwimmbecken, Privatstrand an See oder Meer, Fahrradverleih und so weiter und so fort. 

Campingplatz mit Camper und Wohnwagen im Wald, Sonnenaufgang
Dieser Campingplatz in Südschweden ist sehr einfach eingerichtet: Automatische Barriere, WC und Dusche, kein Personal. Dafür schöne Morgenstimmung (Bild: Maurice Velati)

Der preisbewusste Wohnmobilist bzw. die Campingbus-Fahrerin mit einem Drang zu eher urbaneren Reisedestination bevorzugt den offiziell ausgeschilderten Stellplatz. Ein – im Idealfall – ausschliesslich für Wohnmobile und Campingbusse reservierter Parkplatz mit zum Teil leicht, zum Teil sehr stark reduziertem Leistungsumfang (aber eben auch Preis) gegenüber einem klassischen Campingplatz. Gerade in Städten bietet sich die Rast auf einem – häufig auch relativ zentral vorhandenen – Stellplatz an. Sanitäre Anlagen und Stromanschlüsse gehören hier nicht zwingend zum angebotenen Leistungsumfang, die Nutzung der im Fahrzeug vorhandenen Möglichkeiten (Kassetten-Toilette und 12V-Bordstrom) sind zum Teil notwendig. Aber dafür hat man es ja…

 

Die naturverbundenen IndividualistInnen in der Campingszene parken ihre Fahrzeuge gerne auch auf inoffiziellen Stellplätzen, zum Beispiel direkt am Seeufer oder auf der Alpweide mit Fernsicht. Besonders verbreitet findet sich diese Art der Übernachtung offensichtlich bei auf Instagram aktiven Campervan-Reisenden. Dies ist zumindest aus den häufig unglaublich spektakulären Bildern zu schliessen, welche – meistens – aus dem Innenraum der Fahrzeuge fotografierte, geöffnete Hintertüren mit dem Bett (wahlweise von einer leicht bekleideten Frau oder einem in Denkerpose mit sehnsüchtigem Blick in die Ferne sitzenden Mann belegt) und einem dahinterliegenden Panorama mit Berggipfeln oder Meer zeigen. Allerdings habe ich auch schon erlebt und aus mehreren Erzählungen erfahren, dass solche Fotos nicht immer die tatsächlichen Übernachtungsplätze zeigen, sondern – zum Teil mit waghalsigen Fahrmanövern verbundene – gestellte Szenen sind. Bilder können auch dann lügen, wenn es nicht um Politik, sondern «nur» um Camping geht… 

Kornfeld mit See im Hintergrund, im Vordergrund die Silhouette eines Wohnmobils
Einen Stellplatz mit Seeblick, mitten im Grünen, findet man eher selten. Dieser hier (irgendwo in Schweden) wird von einem Bauern betrieben und kostet Geld. (Bild: Maurice Velati)

Meine bescheidene Erfahrung zeigt, dass besonders schön gelegene Stellplätze häufig entweder ausgebucht, völlig ungeeignet (z.B. stark abfallend, was beim Schlafen sehr unangenehm sein kann, weil man entweder ständig Blut im Kopf hat oder über die danebenliegende Partnerin rollt) oder schlicht illegal sind. Die steigende Zahl der Campingvans und das offensichtlich ebenfalls steigende Bedürfnis nach individuellen Rast- und Schlafmöglichkeiten hat dazu geführt, dass an vielen Orten die Übernachtung im Wohnmobil explizit verboten wurde. Zum Teil zum Schutz der Natur, zum Teil zum Schutz der Anwohnenden, zum Teil wohl auch einfach aus Prinzip. Klar ist aber: Wer «frei steht», wie es im «Jargon» heisst, der sollte sich zumindest an die üblichen Anstandsregeln halten – sonst werden schöne, freie Plätze wohl bald noch viel seltener.

Die Einrichtung «ums Haus herum»

Womit wir quasi fliessend beim nächsten Unterscheidungsmerkmal angekommen wären, nämlich der «Einrichtung» ausserhalb des eigentlichen Fahrzeugs. An Orten, an denen «Camping» offiziell verboten ist bzw. zumindest nicht offiziell erlaubt, empfehlen auch ausgewiesenere Expertinnen und Experten als ich, sich möglichst «diskret» einzurichten. Camper hinstellen, Türen geschlossen. Das sieht nach einem geparkten Fahrzeug aus, das stört in der Regel niemanden, auch wenn darin Menschen schlafen. Wer hingegen die Sonnenmarkise ausfährt, Tische und Stühle vor dem Fahrzeug installiert und den Grill anheizt, der könnte durchaus als «campierender» Mensch erkannt und wahrgenommen werden…

 

Auf Campingplätzen und offiziellen Stellplätzen ist das natürlich erlaubt. Und hier zeigt sich dann die Vielfalt an Möglichkeiten für die Verwendung von Einrichtungsgegenständen und Zubehör zum eigentlichen Wohnfahrzeug in seiner vollen Pracht. Da wird zuerst ein Teppich ausgerollt vor der Wohnkabine, bevor dann die Markise herausgefahren und einerseits mit stabilen Sturmbändern (fixiert an Heringen, ein bisschen Zeltbau ist also durchaus dabei) gesichert, andererseits mit mindestens einer Seitenwand etwas wohnlicher gestaltet wird. Dann kommen Tisch und Stühle raus. Damit aber nicht genug: Auf dem Tisch eine Vase mit (wahlweise künstlichen) Blumen, an der Markise eine gemütliche Lampionkette – die Terrasse ist fertig.

 

Wäscheständer, Grills in allen Grössen und Formen, Zubehör für die mitgeführten Haustiere – das alles kommt unter Umständen noch dazu. Und ja, wir sprechen hier nicht von sogenannten «Dauer-Campern», die sich ihren Wohnwagen über Jahre auf demselben Platz abstellen und deshalb sinnvollerweise ganze Häuser darum herumbauen, sondern ich erzähle hier gerade von eigentlich «mobilen» Camping-Reisenden.

 

Es geht natürlich auch spartanisch, wenn man denn will. Viele Campervans werden auf Stellplätzen parkiert, als ob sie ganz normale Autos wären… keine Markise, die Schatten spendet, kein Teppich, der vor Schmutz im Fahrzeug schützt, keine Stühle und Tische… nur das herausgefahrene Trittbrett bei der «Wohnungstüre» oder allenfalls ein eingesteckter Stromstecker verrät in diesen Fällen oft, dass das Fahrzeug überhaupt bewohnt ist. 

Die Kombinationsmöglichkeiten

Eine wirklich systematische Einteilung ist durch die nun dargelegten Kriterien natürlich nicht möglich. Denn tatsächlich kann man die verschiedenen Kriterien ja kunterbunt mischen. Das entspricht sogar durchaus ein Stück weit der Realität. Denn wie gesagt: Die Vielfalt bei Menschen ist gross – das gilt auch für Campierende. Allerdings: Es gibt – man mag es vermuten – natürlich häufiger auftretende Kombinationen und eher seltene Exemplare.

 

Dass der mit dem langen Luxusliner vorfahrende Senior eine völlig spartanische Ausseneinrichtung pflegt, das habe ich zwar bereits in freier Wildbahn beobachten können. Eigentlich logisch: Man braucht ja nicht noch einen aufwändig gestalteten Gartensitzplatz, wenn man schon eine riesige Wohnung mit dabei hat. Allerdings: Es gibt natürlich oft auch grosszügig eingerichtete Sitzplätze bei eher exklusiven Wohnungen – und das gilt auch auf Stell- und Campingplätzen. Die Kombination «grosses Wohnmobil» und «aufwändige Aussenanlage» ist gefühlt dann doch etwas häufiger. 

Lampions auf Holzpfählen, im Hintergrund Strand und Meer bei Sonnenuntergang.
Ich persönlich führe keine dekorativen Lampions mit auf meinen Campingbus-Reisen und bin deshalb auf entsprechend eingerichtete Restaurants angewiesen für romantische Bilder wie dieses. (Bild: Maurice Velati)

Und natürlich steht es der Seniorin mit ihrem 12-Meter-Wohn-LKW frei, sich an ein lauschiges Plätzchen am Bergsee zu stellen – allerdings findet man da nun tatsächlich wohl auch aus verkehrstechnischen Überlegungen heraus eher selten solche Luxus-Monster. Da sind dann – wen wundert’s – die eher kleineren und wendigeren Modelle häufiger anzutreffen. Und oftmals auch eher ältere Modelle. Gerade die besonders schön gestalteten, zuweilen sogar bis ins letzte Detail dekorierten, Oldtimer-Campingbusse sind häufig mit Personen unterwegs, die sich, ihr Fahrzeug und natürlich auch ihren Stellplatz auf Instagram zu inszenieren wissen. Da darf dann auch die Ausseneinrichtung gerne etwas aufwändiger sein… mögliche Stichworte sind «Feuerschale», Yoga-Matte, Kaffeebecher (aus nachhaltig angepflanztem Bambus, hoffentlich…), Lampions usw.

 

Eine «systematische Klischierung» der Camper-Szene ist mit der richtigen Kombination aus obigen Kriterien also durchaus möglich, wie ich gerade – natürlich wieder in überspitzter und etwas böswilliger Manier – beweisen konnte. Aber grundsätzlich gilt ja zum Glück: Jede und jeder genau so, wie er oder sie möchte. Das gilt übrigens auch für mich selbst: Ich bin die total chaotische Kombination aus obigen Kriterien und lasse mich wohl am ehesten zur Art der «Pragmatiker» zählen. Mein Campingbus ist ziemlich neu, dafür nicht sehr gross. Ich stehe gerne auf wilden Stellplätzen, halte mich aber ans Gesetz. Und wenn ich mal wieder warm duschen will, dann suche ich mir einen gut ausgestatteten Campingplatz. Die Ausseneinrichtung ist eher spartanisch, dafür gönne ich mir auf Reisen lieber auch mal ein Essen in einem Restaurant, was ja dann eher wieder für «Glamping» (also glamouröses, exklusives Campingerlebnis) steht.

 

Kurzum: Ich entscheide mich jeweils ziemlich spontan so, wie es für mich an diesem Ort zu dieser Zeit gerade am besten passt. Ach ja: Und einen Instagram-Kanal habe ich natürlich auch… mein Campervan hört im sozialen Netzwerk auf den Namen @fridolinontheroadagain. Denn ja, mein Campervan heisst Fridolin. Fridolin II, um genau zu sein, denn er ist bereits mein zweiter Bus. Ich merke gerade, dass ich wohl ein wichtiges Kriterium vergessen habe für die systematische Einteilung von CamperInnen: Geben sie ihren Fahrzeugen Namen oder nicht?

 

Wie gesagt: Wissenschaft ist das alles hier nun wirklich nicht.

nachtrag

Es sind nach der Publikation dieses Artikels noch einige Kommentare eingegangen, zum Beispiel auf Facebook. Die Systematik ist offensichtlich definitiv nicht vollständig... es fehlen zum Beispiel die Mietfahrzeug-Benutzer:innen. Man darf also - in Gedanken oder gerne auch schriftlich - diese Systematik hier beliebig erweitern und ergänzen.

Und ich bedanke mich für die vielen Reaktionen. Offensichtlich ist das Thema tatsächlich für viele Menschen relevant... in diesem Sinne: Es lebe Camping in all seinen Formen!


Disclaimer

  • Ich bin Redaktionsleiter der SRF-Regionalredaktion Aargau Solothurn (siehe Biografie)
  • Dieser Artikel ist meine ganz persönliche Ansicht. Er wurde aus persönlichem Antrieb und ohne inhaltliche Absprache mit meinem Unternehmen verfasst.
  • Selbstverständlich habe ich diesen Artikel in meiner Freizeit geschrieben (nämlich auf meiner Reise durch Schweden im Sommer 2021) und damit keine Gebührengelder verschwendet.

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Kommentare: 3
  • #1

    Anonyma (Freitag, 07 Januar 2022 14:16)

    Spitzfindige Anmerkung: Schweizer werden mit Kenianern verglichen oder Afrikaner mit Europäern.
    Der lauschige, unterhaltsame Artikel hat meine Kaffeepause enorm aufgewertet.
    Nächstes Weihnachtsgeschenk, batteriebezriebene Lichterkette, hab ich doch ein bisschen Neid auf die Seniorinnen gespürt, falls es finanziell reicht käme noch ein Graniümli zum Weihnachtsgeschenk����

  • #2

    Maurice Velati (Freitag, 07 Januar 2022 14:38)

    Vielen Dank für den Kommentar und die Rückmeldung! Freut mich, wenn's unterhaltsam war...
    Und ja, berechtigter Einwand... ich wollte die Absurdität von Klischees aufzeigen mit der Aufzählung von "Schweizerin" und "Afrikaner" - weil gerade das "alle in einen Topf werfen" bei ganzen Kontinenten leider ja auch üblich ist... hab jetzt das Wort "sogar" ergänzt und hoffe damit auf klarere Verständlichkeit. Merci für den Input!

  • #3

    Anonymb (Dienstag, 11 Januar 2022 23:30)

    ...oder man ist von der Sorte "ich gehe gerne an die Campermesse, besitze aber nicht mal einen Führerschein der Kategorie B" ;-)